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Aus der ZeitschriftLSR 4/2023 | S. 179–181Es folgt Seite №179

Innovation im MedTech-Bereich im Zeitalter der «Medical Device Regulation»

Die Medizinprodukteindustrie erlebt eine spannende Phase der Innovation, muss jedoch gleichzeitig den strengen Vorschriften der «Medical Device Regulation» (MDR) der Europäischen Union (EU) gerecht werden. In diesem Zusammenhang sind spezialisierte Anwälte, zusammen mit Registrierungs- und QA-Experten, im Bereich Medizinprodukterecht von entscheidender Bedeutung, um Hersteller, Entwickler und Anbieter von Medizinprodukten bei der Bewältigung der komplexen Vorschriften zu unterstützen.

I. MDR: Ein neuer Rahmen für Medizinprodukte

Die MDR, die im Jahr 2017 in Kraft getreten ist und die ältere «Medical Device Directive» (MDD) ersetzt hat, hat das regulatorische Umfeld für Medizinprodukte in der EU grundlegend verändert. Ihr Hauptziel ist es, die Sicherheit und Leistung von Medizinprodukten zu verbessern, die Patientensicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig den Innovationsgeist der Branche zu fördern.

II. Herausforderungen für die Innovation

Trotz der lobenswerten Ziele hat die Umsetzung der MDR eine Reihe von Herausforderungen und Problemen aufgeworfen:

  1. 1. Komplexe Anforderungen: Die MDR hat die Anforderungen für die Zulassung von Medizinprodukten erheblich verschärft. Hersteller müssen nun umfangreichere klinische Daten vorlegen, die die Sicherheit und Wirksamkeit ihrer Produkte belegen. Dies stellt insbesondere für kleinere Unternehmen und Start-ups eine grosse Hürde dar, da die damit verbundenen Kosten und der Zeitaufwand erheblich gestiegen sind.
  2. 2. Engpässe bei der Zertifizierung: Die Einführung der MDR hat zu einem erhöhten Bedarf an benannten Stellen geführt, die für die Zertifizierung von Medizinprodukten verantwortlich sind. Ausserdem sind die Anforderungen an die Akkreditierung der benannten Stellen gestiegen, was zu einer Verknappung des Angebots geführt hat. Dies hat zu Engpässen und längeren Wartezeiten geführt, was die Markteinführung neuer Produkte verzögern kann. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, rechtzeitig Zertifikate zu erhalten, um ihre Produkte auf den Markt zu bringen.
  3. 3. Auswirkungen auf Forschung und Entwicklung: Die strengeren Anforderungen der MDR haben Auswirkungen auf die Forschung und Entwicklung von Medizinprodukten. Unternehmen müssen erhebliche Ressourcen in die Datenerhebung und -analyse investieren, was zu einer Verlangsamung des Innovationsprozesses führen kann.

III. Mögliche Änderungen der MDR

Angesichts dieser Herausforderungen wird in der Branche über mögliche Änderungen und Anpassungen der MDR diskutiert. Einige der vorgeschlagenen Änderungen könnten sein:

  1. 1. Flexiblere Anforderungen für Start-ups: Die MDR könnte überarbeitet werden, um den speziellen Bedürfnissen von Start-ups und kleineren Unternehmen besser gerecht zu werden. Dies könnten niedrigere Gebühren für die Zertifizierung oder eine vereinfachte Verfahrensdurchführung umfassen.
  2. 2. Effizientere Zertifizierungsprozesse: Die EU könnte Massnahmen ergreifen, um die Zertifizierungsprozesse zu beschleunigen und Engpässe bei den benannten Stellen zu vermeiden. Effizientere Zertifizierungsprozesse im Rahmen der MDR zu erreichen, ist von grosser Bedeutung, um die Markteinführung von Medizinprodukten zu beschleunigen und die Belastung für Hersteller zu reduzieren. Hier sind einige Massnahmen, die ergriffen werden können, um dieses Ziel zu erreichen: Aus der ZeitschriftLSR 4/2023 | S. 179–181 Es folgt Seite № 180
    • Zulassung weiterer «Notified Bodies»: Die EU könnte zusätzliche «Notified Bodies» zulassen und somit genügend Ressourcen für die Zulassungsbehörden bereitstellen, um die steigende Nachfrage nach Zertifizierungen zu bewältigen und auch eine gewisse Konkurrenz zwischen den «Notified Bodies» zu erlauben.
    • Vereinheitlichung der Anforderungen: Die EU könnte daran arbeiten, die Anforderungen an die Zertifizierung von Medizinprodukten besser zu vereinheitlichen. Dies könnte dazu beitragen, Missverständnisse und Verwirrungen zu minimieren, die während des Zertifizierungsprozesses auftreten können.
    • Technologische Lösungen: Die Implementierung digitaler Technologien und elektronischer Systeme für die Einreichung von Unterlagen und die Kommunikation zwischen den Beteiligten könnte den Zertifizierungsprozess beschleunigen und die Effizienz steigern.
    • Regelmässige Überprüfung und Anpassung: Die EU sollte die MDR und deren Umsetzung regelmässig überprüfen und gegebenenfalls anpassen, um sicherzustellen, dass sie den aktuellen Anforderungen und Entwicklungen in der Branche entspricht. Dies sollte in enger Zusammenarbeit mit Stakeholdern, einschliesslich Herstellern und benannten Stellen, geschehen.
  3. 3. Bessere Abstimmung mit internationalen Standards: Die MDR könnte besser mit internationalen Regulierungsstandards abgestimmt werden, um die globalen Aktivitäten von Medizinprodukteherstellern zu erleichtern und den Aufwand für die Einhaltung unterschiedlicher Vorschriften zu verringern.

    Die Vereinbarkeit der europäischen MDR und der US-amerikanischen 510(k) Regulation ist komplex, da beide Regelwerke unterschiedliche Ansätze zur Zulassung und Regulierung von Medizinprodukten verfolgen. Die MDR legt strenge Anforderungen an die Sicherheit und Wirksamkeit von Medizinprodukten in der EU fest, während die 510(k) Regulation in den USA auf Grundlage der Ähnlichkeit von neuen Produkten mit bereits zugelassenen Produkten beurteilt wird. Aber es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie die Harmonisierung dieser Regelwerke erleichtert werden könnte:

    • Harmonisierung von Standards: Die EU und die USA könnten sich auf gemeinsame Standards und Testverfahren für die Sicherheit und Leistung von Medizinprodukten einigen. Dies würde dazu beitragen, die Unterschiede in den Anforderungen zu minimieren und die Vergleichbarkeit von Daten zu erleichtern.
    • Gegenseitige Anerkennung: Die EU und die USA könnten ein System der gegenseitigen Anerkennung einführen, bei dem Produkte, die in einem der beiden Märkte zugelassen sind, automatisch für den anderen Markt akzeptiert werden. Dies würde die Markteinführung erleichtern und die Kosten für Hersteller reduzieren. Vielleicht wäre es hier möglich, mit einem Piloten für Medical Devices Class 1 zu starten?
    • Transparente Kommunikation: Die Aufsichtsbehörden in der EU und den USA könnten enger zusammenarbeiten und Informationen über zugelassene Produkte austauschen. Dies würde dazu beitragen, Doppelarbeit zu vermeiden und den Informationsfluss zu verbessern.
    • Gemeinsame Prüfstellen: Die EU und die USA könnten gemeinsame Prüfstellen einrichten, die Produkte nach den Anforderungen beider Regelwerke bewerten. Dies würde sicherstellen, dass Produkte für beide Märkte geeignet sind und die Zulassungsprozesse rationalisiert werden.
    • Klinische Studien und Datenaustausch: Die EU und die USA könnten den Austausch von klinischen Studiendaten erleichtern und gemeinsame Studien fördern. Dies würde dazu beitragen, die Qualität der verfügbaren Daten zu verbessern und die Zulassungsprozesse zu beschleunigen.
    • Regelmässige Abstimmung: Die EU und die USA könnten regelmässige Treffen und Abstimmungen zwischen ihren Aufsichtsbehörden abhalten, um mögliche Unstimmigkeiten oder Probleme frühzeitig zu erkennen und anzugehen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Vereinbarkeit der MDR und der 510(k) Regulation eine komplexe und langwierige Aufgabe sein kann, aber die europäischen und US-Behörden sollten entsprechende Harmonisierungsversuche angehen.

IV. Anwälte als Schlüsselakteure

An dieser Stelle kommen spezialisierte Anwälte ins Spiel. Sie spielen eine entscheidende Rolle bei der Beratung von Unternehmen, um die regulatorischen Anforderungen zu verstehen und zu erfüllen, ohne die Innovationsfähigkeit zu beeinträchtigen. Anwälte können Unternehmen bei der Vorbereitung von Zulassungsanträgen und der Kommunikation mit den zuständigen Behörden unterstützen. Sie sind in der Lage, robuste Compliance-Strategien zu entwickeln, die Risiken zu minimieren und gleichzeitig die Chancen für Innovationen zu maximieren.

Es ist von besonderer Bedeutung, dass Anwälte dazu beitragen, eine auf Risiken basierende Entscheidungsfindung zu unterstützen, anstatt lediglich «Schwarz-Weiss-Szenarien» vorzustellen.

Es ist unerlässlich, dass Anwälte sich gründlich mit den Vorschriften und Anforderungen der MDR vertraut machen. Dies schliesst eine präzise Kenntnis der verschiedenen Klassen von Medizinprodukten, Aus der ZeitschriftLSR 4/2023 | S. 179–181 Es folgt Seite № 181der Anforderungen an klinische Daten, der Bewertungsverfahren und der Pflichten der Hersteller ein.

Bei der Entwicklung der Compliance-Strategie ist es von grosser Bedeutung, bereichsübergreifende Teams einzusetzen, die aus Mitgliedern der Qualitätskontrolle (QA), der Regulatory Affairs und Anwälten bestehen. Diese Teams gewährleisten eine fundierte Risikobewertung und eine effektive Umsetzung der Strategie.

V. Schlussfolgerung

Innovation im MedTech-Bereich ist von entscheidender Bedeutung für den Fortschritt im Gesundheitswesen. Die MDR hat zweifellos dazu beigetragen, die Sicherheit und Qualität von Medizinprodukten in der EU zu verbessern. Dennoch sind die damit verbundenen Herausforderungen, insbesondere für Innovation, nicht zu übersehen. Eine sorgfältige Überprüfung und Anpassung der MDR könnte dazu beitragen, die Innovationskraft der Medizinproduktebranche zu erhalten, ohne die Sicherheit der Patienten zu gefährden.

In dieser Zeit des Wandels und der Chancen im MedTech-Sektor sind Anwälte unverzichtbare Partner, um Unternehmen bei der Bewältigung dieser regulatorischen Herausforderungen zu unterstützen und gleichzeitig die Fortschritte in der Gesundheitsversorgung voranzutreiben. Für Unternehmen im MedTech-Bereich ist es von entscheidender Bedeutung, rechtzeitig die richtigen rechtlichen Experten an ihrer Seite zu haben, um die Balance zwischen Innovation und Compliance zu finden. Anwälte, die sich auf das Medizinprodukterecht spezialisiert haben, spielen hier eine wichtige Rolle, um Unternehmen auf diesem Weg zum Erfolg zu führen und gleichzeitig die Sicherheit und Qualität der Medizinprodukte für die Patienten zu gewährleisten.

  1. * Der Autor vertritt hier seine persönliche Meinung.